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Das Lachen....

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Anläßlich der heutigen Ausstrahlung im Deutschlandfunk und erstmal auch weiter zu hören auf

https://www.deutschlandfunk.de/musik-panorama-100.html

Pausenwanderung

Ich recke mich, spanne die Glieder, räkele mich. Ich ziehe die Muskeln auseinander, weite sie, daß sie die Faszien straffen, sie entweben. Licht soll zwischen die Fasern fließen.

Ich spüre das Geschmeidig-werden, die Bereitschaft der Sinne, der Gelenke, der Seele.

Dann nehme ich Aufstellung, öffne mich und höre. Ich nehme die immerwährende Wiederholung wahr, das stete Wieder-Da.

Ich nehme den unhörbaren Rhythmus auf, schwinge mich ein. Ich spüre die Suche nach dem Moment, der passt.

Die Gewissheit, ein Quentchen der Unendlichkeit zu fassen wächst. Wenn der Zeitpunkt erreicht ist mache ich den ersten Schritt, hinauf auf die Note. Dort verweile ich solange es dauert. Ich nehme den Endpunkt des Tones und katapultiere mich in die Pause hinein, durch die Pause hindurch, über sie hinaus zum nächsten Ton.

Es ist weniger ein Springen, denn ein Schreiten mit längeren Schritten, mit kürzeren. Mal ein weites Ausschreiten der Beine, mal ein Tippeln auf den Zehenspitzen.

Auf und ab. Ab und auf. Nur selten bleibe ich auf der Ebene. Auf und ab. Schnelle Läufe sind dabei und langsame. Leichte Übergänge genauso wie hohe Klippen und tiefe Abgründe.

Und immer wieder der Sprung über und durch die Pausen. Weit, schwebend und still. Aber immer und ohne Kraft. Luft und Energie spendend.

Und unter allem die immer wiederkehrenden Schläge des Herzens, mal tönend und weit, mal pochend und laut, die immer wiederkehrenden Auf und Abs der Atemzüge, mal sanft und weich, mal schnell und dennoch gleich.

Der Rhythmus des Immerfort, die Ewigkeit des Augenblicks, das Lachen der Unendlichkeit.

Der Weg mäandert durch die Harmonien, durch die Verbindungen, die Übergänge. Zwangsläufig folgt der Klang der Notation und ich dem Kontinuum der Zwangsläufigkeit, die sich Schritt für Schritt, Ton für Ton aus dem ergibt, was vorher war.

Der eine Fuß voran, der andere, ihm angebunden, verwachsen folgt einzig, um damit wiederum voranzugehen zum nächsten Voran des anderen Fußes. So jauchze ich mich durch die Notenlinien, jede Pause genauso genießend wie jeden kommenden und jeden vergangenen Ton, Klang, Laut.

Die Farben um mich herum, die der Korpus der Töne mit Schatten und Lichtstreifen zur Hörbarkeit führt, wechseln, irrisieren, flirren und bleiben. Sie bleiben Klang, selbst in den Pausen, selbst in der letzten Pause, die das Unaufhörliche beendet.

So schreite ich in der Coda, Ton für Ton aus dem Klangnass zurück auf den Grund, auf dem die Wanderung begann.

Ich atme auf und recke mich.

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