Gänsehaut

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Ich bin mit D.L. In einem Massenrestaurant an der Ruhr verabredet. Hier findet man immer einen Platz aber selten seine Ruhe, da die Gäste, egal zu welcher Tageszeit, sich am Buffet selbst bedienen und zusätzliche Bestellungen am Tisch tätigen können. Ein Freiraum, der nicht wenig kostet, der aber kleinere und größere Gesellschaften unkompliziert ermöglicht. Ergo ist es in dem großen zweigeschossigen Raum fast immer recht gefüllt und laut.
Egal, wir haben schon manches Vorstandstreffen in einer dieser Filialen abgehalten, schon um der Enge des kleinen Kulturhauses am Rande der Stadt zu entgehen.
So gibt es, auch wenn es inzwischen mehr als 2 Jahre her ist, daß wir versuchten die Geschicke des Hauses zu etwas Zukunftsträchtigem zu gestalten, so gibt es viele Anknüpfungspunkte für ein belebtes Gespräch, das ich erst nach geraumer Zeit zu unserem eigentlichen Anlass überführen kann.


Warm up

Kann man Kreativität messen ?


Das ist ja schon bei der Intelligenz sehr schwammig. Wie misst man tatsächlich Intelligenz ? Deshalb würd ich sagen, dass jede/r kreativ sein kann oder sogar auch muss. Weil ich finde Kreativität ist wesentlich, um Lösungsstrategien zu entwickeln, ganz unabhängig von so künstlerischen Orientierungen. Sie ist permanent allgegenwärtig. Und ob jetzt Intelligenz notwenig ist, als Vorraussetzung für Kreativität ist auch schwierig, weil auch im Tierreich Problemlösungsstrategien von z.B. Elstern, Primaten oder sowas, selbst Ratten haben die, vielleicht wäre das eine Möglichkeit zu sagen – mit steigender Intelligenz wächst die Möglichkeit Kreativität nicht nur zum Überleben zu nutzen, sondern hast die Freiheit, dich an und mit der Kreativität zu entwickeln.

Wie beschreiben die meisten Menschen, wenn sie mit kreativen Mitteln, ein Problem bewältigten ihre Befindlichkeit ?

Die Lösung eines Problem ist eigentlich immer ein positives Gefühlserlebnis. Weil es ist ne Selbstbestätigung. Und dann ist es abhängig von der Person, ob dir ne Selbstbestätigung reicht oder ob du ne Fremdbestätigung brauchst um dich besser zu fühlen.

Was glaubst du, lässt die Kreativität am meisten wachsen ?

Boh, is schwer. Ich würd sagen Freiraum, weil je mehr Freiraum du hast, umso mehr Zeit hast du, Kreativität in seiner ganzen Fülle zu benutzen. Der Freiraum gibt dir die Möglichkeit dich weiter zu entwickeln.

Ist Kreativität dann vielleicht so ne Art Entwicklungshelfer?

Kann man so sehen. Unterschreib ich.

Wann kann sich Kreativität am besten entfalten ?

Das ist jetzt ein bißchen schwammig, die Frage. Antworten würd ich, sowohl, wenn du kreativ sein musst – du unter Druck als auch wenn du wieder diesen Freiraum hast, das sind so zwei Bereiche wo sich Kreativität entwickeln kann.<br<

Unterschiedliche Kunst = unterschiedliche Kreativität ?

Ich würde Kreativität nicht abhängig machen von nem Verwendungszweck oder sowas. Ich denke, daß das einfach ne Gedächtnisleistung ist, zu der wir fähig sind und die wir unbewusst und bewusst anwenden können. Es gibt wohl Methoden um Kreativität zu einem bestimmten Gebiet weiterzuentwickeln, aber grundsätzlich würd ich sagen, Kreativität ist überall vorhanden und jeder Mensch hat sie.

Braucht Kreativität Intelligenz ?

Ja. Aber es ist schwierig, weil Intelligenz ist ja nur ein Teil, ein anderer Teil ist die Erfahrung, d.h. mit der Erfahrung kannst du dir den Freiraum schaffen, kreativ zu sein und damit bist du ev. auf anderem Gebiet, weil du auf anderes Wissen zurückgreifst.

Hast du ev. andere Worte dafür ? Ich denke, daß die Intelligenz, die Erfahrung, daß das alles Synergiefelder sind, die sich gegenseitig beeinflussen aber ich weiß jetzt nicht, ob das deine Frage beantwortet.

Naja, noch ist das kein eigener Begriff, wie Schläue, Findigkeit oder selbst Versenkung könnte sowas sein, aber das ist ja auch alles ein Teil davon, deshalb find ich den Synergiebegriff sehr schön.

Kreativität und Ökonomie – passt das zusammen ?

Es kann sich bedingen, allerdings wenn es um reine Kreativität geht, braucht sie nicht die Ökonomie. Kreative Prozesse sind nicht ökonomisch. Sie können in die Definition von Ökonomie hineinpassen aber eigentlich ist für mich die Ökonomie nachrangig.

Gibt es sowas wie negative Kreativität ?

Kreativität ist nicht negativ und nicht positiv. Wozu sie verwendet wird, das macht den Unterschied. So kann sie auch für destruktive Handlungen, Äußerungen benutzt werden und wird auch genutzt. Sehn wir ja gerade, Kreativität brauchst du auch um Krieg zu führen.

Also gehört Kreativität in die Politik ?

Wenn jeder Mensch kreativ ist, nutzt er sie, ob unbewusst oder bewusst und nur wofür er sie benutzt, macht am Ende den Ausschlag für diese positive oder negative Verwendung.

Ein Bild von einem kreativen Moment/Prozess – wie sähe das aus ?

Für mich sieht dieser Prozess so aus, daß du Chaos in Struktur verwandeln hilfst, um dann nachher z.B. ein Ziel zu erreichen. Aber das ist bei mir so, ich weiß nicht ob andere Leute das genauso sehen.

Kannst du das noch irgendwie visualisieren, also wie sieht das Chaos aus und wie die Struktur ?

Das Chaos wäre sowas wie total viele aufploppende Seifenblasen. Und wenn man anfängt damit zu arbeiten, kann man – also manche Seifenblasen gehen kaputt, andere schließen sich zusammen, untergliedern sich und da gibt es doch auch diese Grenzflächen, wo dann plötzlich ne Struktur auftaucht. Ja, das ist kein schlechtes Bild. Wie ein Gedanke im Endeffekt. Vielleicht beinhaltet ja auch schon jeder Gedanke Kreativität.

Wenn wir in dem Bild des Aufploppens bleiben und aus Seifenblasen Gedanken werden, ist dann nicht auch wieder die Erfahrung hilfreich ? Also je mehr Erfahrenes, umso mehr oder auch konkretere Bilder und Gedanken entstehen daraus ?

Dann wäre die Frage, ob die Erfahrung nicht vielleicht auch ein Hindernis darstellt.

Das käme dann wohl wieder auf die Person an – ob sie z.B. ängstlich gebaut, eine vorgegebene Struktur zur Lösung nutzt und so Abkürzungen und Seitenwege ausschlägt, die ja auch, vielleicht gar besser zur Lösung führen oder ob sie gelassen und frei diese Wege zulässt, damit etwas entsteht?

Ja, so kommst du nicht auf, wie heißt das so schön, alternative Lösungswege.

Kreatives Gesellschaftsspiel ? Spiel ?

Ich find eines der für mich absolut unterschätzten Spiele in dem Bereich wäre MIKADO. Das vereint Wahrnehmung, dreidimensionales Denken, hochkomplexe motorische Anforderung, Koordinierung und das alles in einem sozialen Kontext, wenn man es nicht alleine spielt. Es hat allerdings nicht den absuluten Freiheitsbegriff einer Kreativität, weil auch da gibt es Regeln in denen du dich bewegst.

Da könnte ich die Frage anschließen inwieweit der Rahmen, Kreativität bedingt oder gar ermöglicht, wie in der Commedia dell´arte wo innerhalb des recht engen Korsetts der Figuren alles, bis zur Demontage der Figur möglich ist, ohne das ihr etwas passiert.

Ich glaube das findet tagtäglich statt, wenn z.B. ein Regisseur anfängt sich über ein Projekt Gedanken zu machen. Da gehören dann selbst so hochkreative Prozesse dazu, wie das erfolgreiche und folgenreiche Schreiben von Förderanträgen. Das mein ich ernst.

*persönliche Fragen

Würdest du dich selbst als Künstler bezeichnen ?

Ne, würd ich nicht. Wenn es um meinen Fachbereich geht würde ich sagen ich bin ein Lichtplaner – der Prozess selbst ist zwar ein kreativer, aber ich würde mich selbst eher in die Kategrorie Techniker oder Anwender und Mitredner im künstlerischen Prozess einordnen und nicht so sehr als Künstler. Auch wenn das Arbeitsfeld sehr viele künstlerische Auseinandersetzungen beinhaltet.
Egal ob das dann mit dem Regisseur oder dem kompletten Team aus Maske, Bühne, Requisite usw. erarbeitet wird. Ich bin ja in der freien Szene geblieben, weil ich ja da in den anderen Gebieten mitreden kann. Im Aalto z.B. gäb es klare Aufträge, klare Zeiten – ich wäre wegen meiner Qualifikation vielleicht noch für Personaleinteilung zuständig – aber letztendlich wäre ich ein Bestandteil eines Produktes, wovon ich keinen Überblick habe und ich hab gerne den Überblick über das was nachher das Produkt ausmacht.

Worin besteht deine Kunst, deine Anwendung, deine künstlerische Auseinandersetzung ?

Dieses technisch bedingte Gestalten. Aber auch das emotionale Empfinden, z.B. mit der Farbgestaltung, also wie die Farben eingesetzt werden. Das macht ja auch was mit einem, egal ob das jetzt Farbkreis Goethe ist oder sowas, d.h. du, also mein Wirken beeinflusst die Wahrnehmung, die ein Betrachter hat.
Eine permanente Aufgabe ist es auch sich dessen immer bewusst zu sein, also wenn ich jetzt jemand anderen einem schwarzen Raum aussetze und diesen dann suksessive mit wahrnehmbaren Elementen fülle, egal ob das jetzt visuell, klanglich oder haptisch ist, kreiere ich für den Moment etwas. Aber es gibt auch einen riesengroßen Anteil meines Schaffens, das komplett aufeinander aufbaut. Wenn ich nen Scheinwerfer anschließen will, dann brauch ich Strom.

Aber tut nicht das genau eine Musiker auch, sie nutzt die Technik, die erlernte Fertigkeit um etwas zu kreieren ?

Ja die Technik ist ein Hilfsmittel, genauso wie die Flöte, mit der du dann in Kommunikation treten möchtest. Genau wie mit dem Raum, dem Stück oder den anderen Leuten.

Wird das Hilfsmittel Technik dann mehr oder weniger gekonnt genutzt, damit die Gestaltung nachvollziehbar bleibt ? Ist das schon der kreative Vorgang oder wo findet der statt ?

Das find ich jetzt total spannend. Weil das Beispiel an Förderanträgen ist ja, daß du dafür sowohl Technik, Kreativität und Erfahrung brauchst aber es führt nicht immer zum Ziel, die Fördergelder zu erhalten.
Ein Inszenierung machst du auch damit die Leute es sehen, sehen wie die SchauspielerInnen das umsetzen und vortragen. Und ich kenne viele, die eine Inszenierung machen, weil ihnen diese Arbeit, dieser Prozess Spaß macht aber ich kenne keinen dem oder der das Ausfüllen eines Förderantrages Vergnügen bereitet.

Was macht für dich das Künstler - Sein aus ?

Der Spaß da dran, ich hab einfach Spaß für mich, mich damit auseinanderzusetzen.
Letztendlich versuch ich mich so frei zu machen, daß das Ergebnis noch nicht klar ist, das Ziel nicht so festgeschrieben ist, das nichts mehr möglich ist. Bestes Beispiel dafür, daß eine Szene uminszeniert wird, weil andere gestalterische Elemente, eine neue Einrichtung oder Lichtstimmung das Ganze viel besser zur Wirkung kommen läßt.

Dabei werden beide Linien bearbeitet – die künstlerische Gestaltung und die technische Machbarkeit ?

Ja, dann müssen wir uns aber auch darüber unterhalten, wann ein Gestaltungsprozess anfängt ein künstlerischer zu werden.

Da sind wir wieder beim Förderantrag, oder?

Ja, ich finde es auch eine Kunst einen Förderantrag befriedigend auszufüllen, sagen wir mal so. Aber das ist schwer.

Hast du Ziele, die du mit deinem "Schaffen" erreichen willst ? Für Dich ? Für andere ?

Ein Teil davon ist anderen Leuten Spaß, Kurzweil zu geben, zu schenken, ev. ihren Horizont erweitern, weil sie etwas gesehen haben, was sie noch nicht gesehen haben, durch mein Dazutun und auch der eigene Spaß daran - das was ich gerade tue auch wenn es immer wieder Seifenblasen gibt, die auch zerplatzen, sie waren mal da, als Gedanklen oder Vorstellungen, werden aber nicht weiter verfolgt.
Andere von den Seifenblasen gedeihen, verbinden sich mit anderen Gedanken und werden.
Und der Mensch ist ja so gestrickt, daß er die Seifenblasen die zerplatzen, wieder, wenn auch nicht exakt, reproduzieren kann.

Welche Rolle spielt Kreativität in deinem Künstler - Sein ?

Zwingend notwendig, absolut, ohne dem funktioniert nichts, gar nichts.
Deshalb komme ich auch schlecht mit jemandem klar der mir sagt, nimm den Scheinwerfer, richte ihn dahin und fertig. Auch als Stellewerker ist das immer eine Interaktion mit den anderen Gewerken, die einen kreativen Prozess beschreibt.
Da gibt es einen Journalisten, ich glaub das war in den Ruhrnachrichten, der hat das mal schön so formuliert: "Das war der Stellwerker oder Techniker D.L. hinter seinen technischen Gerätschaften macht ist gleichzusetzen mit dem Bedienen der Partitur einer Oper." irgendwie sowas hat er fomuliert.

Würdest du dir ein Mehr an Kreativität wünschen und wenn ja, wie sollte sie beschaffen sein ?

Nein, kein Mehr, sie ist ja da, da würd ich ja dem widersprechen, was ich anfangs gesagt habe. Es wär schön wenn nicht so viele Überlebenszwänge den Freiraum beschränken würden, damit mehr Raum und Zeit für Kreativität, das ist alles.

Wenn da etwas geboren wurde, was macht das mit dir ? Kannst du beschreiben, was da in dir geschieht/entsteht ?

Ja, das fühlt sich natürlich an. Für mich gibt das eine Bestärkung, von mir selbst auch, zu sagen ich habe Energie, Zeit verwendet, kreative Leistung erbracht und ein Ergebnis erstellt mit dem ich zufrieden bin. Und komischer Weise erst wenn es im Zusammenspiel aller Gewerke funktioniert, dann kommt sowas wie Gänsehaut.
Bei einer Theaterinszenierung z.B.. Das produziert einfach noch eine fast intensivere Zufriedenheit, als wenn ich zufrieden bin, weil das was ich da geleistet habe, weil ich das fertiggemacht habe.

Gibt es bei dir den Moment, wo es passiert ?

Das kann ich bewust nicht steuern, das kann irgendwo auftauchen. Schon wenn die Zuschauer in den Vorstellungsraum kommen. Kann aber auch sein, daß es später kommt oder manchmal auch erst weil der Zuschauer mir ein feedback gibt.
Weil die Arbeit die ich während der Vorstellung zu tun hab nimmt mich auch so ein, damit das Produkt hinterher auch gelungen ist, da muß ich sehr strukturiert funktionieren.
Das ist dann auch nicht mehr kreativ – erst wenn ein Problem auftaucht ist sie wieder gefragt, die Kreativität.

Kann man dann sagen, Kreativität ist nötig, wenn etwas nicht fertig ist ?

Nein nein, ich würd soweit gehen zu sagen, Kreativität ist per se nicht nötig aber sie hilft dir, den Umgang mit den Dingen zu finden. Ich kann mir nicht vorstellen, daß es einen Menschen gibt, der nicht kreativ ist. Vielleicht kann er es nicht audrücken, nimmt es anders wahr, wie bei mir z.B. die Frage nach dem Künstler sein.

Der Moment wenn etwas entsteht, das du festhalten, loslassen, weiter gestalten, abschließen oder offen halten möchtest – kannst du ihn beschreiben ?

Naja, das lässt sich einfach nicht bewusst steuern, also die Gänsehaut, das passiert.

Würdest du den Moment/ diese Kreativität als heilend beschreiben ?

Nein, der hat nichts heilendes, dieser Moment. Es ist positiv, ja, aber er heilt mich in dem Sinne nicht, weil ich ja vor dem kreativen Prozess nicht nicht heil war.

Kannst du dich der Aussage anschließen – Meine Kreativität heilt -meine geschundene Seele ?

Meine Seele ist nicht geschunden, aber es ist was Gutes.
Und alles was ich erlebe erweitert ja meinen Erfahrungsschatz. Ich bin ja auch in der Lage, zumindest teilweise die Erfahrung zu steuern, meinen Schatz zu steuern. Ich erinnere mich gerne an viele positive Erlebnisse und ich erinnere mich nicht so gern aber genauso intensiv an sehr viele negative Erlebnisse.

.....die, die sich mit meiner Kunst beschäftigen ?

Ja klar, dadurch, daß es irgendetwas macht mit denen, haptisch, visuell oder sonstwie geschieht etwas mit denen, die das betrachten. Selbst bei Kollegen ist das so. Und auch außerhalb des Beruffeldes geschieht das, auch beim Fahrradfahren können so Gänsehautmomente geschehen.

Das könnte dann aber auch einfach ein anderer Zugang zu Gänsehautmomenten sein ?

Ja schon, aber das einzige Gefühl, das ich in den Kontext der Kreativität nicht einordnen kann ist Liebe. Die steht für sich.
Durch mein Tun erfahre ich dieses Gefühl nicht, eher diese positive Bestärkung. Liebe ist für mich was anderes, ich weiß nicht, vielleicht mehr – auf jeden Fall liegt sie woranders.

War das schon immer so, hat sich das verändert ?

Auch das ist ein kontinuierlicher Prozess.
Das war nicht immer so und der Prozess wird erst abgeschlossen sein, vielleicht, wenn ich sterbe.
Ich denke auch, daß mein Zugang, mein Umgehen sich jedesmal, im zeitlichen Voranschreiten verändert.

Stimmt dann folgender Satz für dich: Seit ich bin werde ich "?

Ja, genau, sehr schön, auch das unterschreibe ich.

Hast du Mittel, Techniken, Vorgehensweisen dahinzukommen ?

Ja, ein Mittel ist Wissen. Verarbeitete Erfahrung die bewusst, unbewusst in dir ist und die du auf vielen Ebenen nutzen kannst, also im Formulieren, im Verhalten, im Bilder bauen, im Wege finden.
Wie der andere das, was du an Wissen reingesteckt hast, aufnimmt, kannst du dabei allerdings nicht steuern. Vielleicht kannst du eine Prognose ob deiner Erfahrung abgeben, aber du kannst es nicht klar definieren.

Gibt es einen Ort, der dir beim Kreativsein hilft ?

Ne, keinen Ort. Für mich ist das eher die Zeitgestaltung, es gibt Zeiten, in denen funktioniere ich und es gibt Zeiten, wo ich mir durch mein Tun riesengroßen Freiraum schaffe.
Einer dieser Zeitpunkte ist für mich GleitschirmFliegen. Wenn du in der Luft bist, ist das, auch das ganze Drumherum, ist das ein riesengroßer Freiraum, der mir wieder Möglichkeiten gibt.
Es ist also bei mir eher auch ein Tun. Das kann dann auch im Sessel sitzen und nichts Tun und nur Gedanken laufen lassen sein.

*Allein/Zusammen/Politische Fragen

Kennst du weitere / andere Auseinandersetzungen mit Kreativität im öff. Diskurs ?

Wir haben ja gerade gesagt, sie ist überall. Wo soll man da einen öffentlichen Ort oder so finden, denn sie ist ja da. Aber ich finde spannend, wie hoch z.B. die Kreativität ist, wenn eine Person von einer wahrgenommenen, erlebten Situation erzählt, wie sie benutzt wird um etwas auszuschmücken und zu mehr Bedeutung zu führen.
Lügen ist ja auch ein kreativer Prozess. Alles was z-B. mit Interpretation oder Interpolation zu tun hat ist auch hoch kreativ, deshalb ist auch der Versuch einen Menschen in seiner Psyche zu analysieren ein extrem kreativer Prozess.

Gruppenarbeit in der Schule ? Ensemblearbeit ? Teamarbeit ? Wie müsste die gestaltet sein ?

All das braucht eine gemeinsame Basis. Egal ob die geschaffen wird aufgrund von - ich mag jemanden, ich akzeptiere sein Fachkenntnisse, Respekt, Vertrauen auch, das braucht es um gemeinsam kreativ zu sein. Man muss sich auch irgendwie kennen, voneinander wissen - z.B. wenn zwei Menschen etwas zusammen planen.

Der Flow-Effekt (Montessori) ? Flow - Schaffens- bzw. Tätigkeitsrausch oder Funktionslust. ?

Ich würde diesen Begriff nicht benutzen aber es hat etwas damit zu tun, denn das Tun produziert eine Konzentration und eine Intensität. Das beinhaltet auch, daß du bestimmte Wahrnehmung abschaltest, wenn du ganz in etwas eintauchst werden andere Sinne heruntergefahren. Sie sind noch da, aber eher im Hintergrund, verlieren an Wichtigkeit, sie schaffen so Raum für die Konzentration.

Soziale Plastik, (Beuys) ? Jede/r ist ein/e KünstlerIn ?.

Ich denke schon, daß das richtig ist. Aber ohne die Wertung die oft mit dem Begriff des Künstlers einhergeht, ohne Statussymbol, kein höher oder mehr (auch wenn Beuys genau damit agiert hat und sich auch mit diesem Status Freiräume geschaffen hat, daß man ihm zugehört hat oder daß er Geld verdient hat oder daß er interpretiert wurde und und und). Und diese soziale Plastik lässt sich dann auch beschreiben als – also du bist und seit du bist interagierst du, egal mit was, du tust es.
Es gibt halt keine Nichkommunikation. Das Ganze ist so allumfassend, daß es schwer zu fassen ist. Da kannst du dann auch über den Schmetterling, der in China mit den Flügel schlägt und in den USA geht ein Tornado los.
Ich würd das nicht zwingend für ursächlich halten, auch wenn es da Verbindungen geben mag.

Während des Gespräches sind wir beide tief eingetaucht und haben den lauten Raum um uns weitestgehend ausgeblendet. Wir bleiben auch noch eine ganze ganze Weile bei uns und reden über diverse, auch wesentliche Fragen und Erfahrungen zu Bezüglichkeiten und Wirkung des eigenen Tuns. Man könnte sagen, es war (wieder) ein recht kreatives Gespräch.

(benötigt eine App für RSS Feeds, z.B. Follower, Feedly, Reeder …)