Ruhrkultur

Jetzt ist die Zeit

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Karl Ganser rettete dem Ruhrgebiet in den 90er Jahren die Identität. In einem Kraft- und Überzeugungsakt mit viel Phantsie und visionärem Esprit, mit Blick auf die Gebäude und die Natur. Wer glaubt, diese sei ebenso stabil und sicher wie die Notwendigkeit der Ewigkeitskosten, hat ihn nicht verstanden und reduziert das Ruhrgebiet zudem aufs Minimum.

Alle Industriebauten, die in eine weitergehende aktive Nutzung überführt wurden, werden überleben können, werden ihren Charakter aber mehr und mehr verlieren, wenn ihre Nutzung nicht dauerhaft sinnvoll angepasst werden kann. Dann werden sie auf ihre "neue" Nutzung reduziert und verlieren ihren historischen Anker. Alle anderen werden in absehbarer Zeit aus Kostengründen der Endlichkeit zugeführt. Ergo wird die Identität des Ruhrgebietes in den nächsten ca. 50 Jahren verschwinden. So weit so gut, der Gedanke ist jetzt, wo er ausgesprochen ist sehr naheliegend. Und "what the hell" ist daran bemerkenswert ?

Wenn nicht weiter an der sichbaren, nachhaltigen und nutzbringenden Umwandlung der Gebäude und der dazugehörigen Infrastruktur gearbeitet wird, macht sich das Ruhrgebiet wieder zu dem, was es vor diesem Wandlungsprozess war. Provinz, halt mit ein paar Leuchttürmen mehr.

Sichtbar, nachhaltig, nutzbringend.
Zwei dieser bestimmenden Adjektive erklären sich mehr oder weniger selbst, bzw. bringen sie nachvollziehbare, berechenbare Bedingungen hervor, denen einfach Genüge getan werden muß, will man die Gebäude erhalten.

Allein der dritte Aspekt bedarf einer näheren Betrachtung: Aushängeschilder, Landmarken, extraordinäre Bauten gibt es viele in der Regieon und sie tragen seit ihrer Rettung und umgewidmeten Gestaltung dazu bei, die Kosten für ihre Erhaltung aufzubringen. Andere sind noch auf dem Weg dorthin. Allesamt geht von ihnen eine Strahlkraft aus, die das Ruhrgebiet zu einem diskutablen Kulturort hat wachsen lassen, der in der Selbstdarstellung und der Wettbewerbslandschaft der Republik eine gewisse Souveränität und Attraktivität entwickelt hat. Das geht zwar mancherorts über die museale Bereitschaft zur Geschichtsbetrachtung hinaus, wird aber auch an vielen Stellen zunehmend löchriger ~

Das vielen Festtagsreden, Aufrufen oder Bekundungen im politischen oder gesellschaftlichem Raum angehängte "Glück Auf" z.B. ist inzwischen eine hohle, weil nicht mehr gefüllte Phrase aus einer vergangenen Zeit, die kaum noch ein Mensch erlebt hat und die unter Bergmännern gar nicht so gebräuchlich war, wie ihre heutige Nutzung suggeriert. Es ist somit längst nicht mehr Identität stiftend.

Jetzt ist die Zeit, sich auf den Weg zu machen und nach Konzepten und Ideen zu suchen, die die Anbindung der BürgerInnen an diese Bauten näher an deren Lebenswelt heranführen, sie zu einem Teil des Wandels machen, der da zwangsläufig auf uns zu kommt. Auf kulturellem Gebiet sind da schon Beispiele vorhanden, wo sich inzwischen ein über die reine Präsentation hinausgehender Austausch etabliert hat. Aber auch hier sind die Möglichkeiten längst noch nicht erschöpft. Daß der öffentliche Raum viel weiter in die Brachen und Industrieüberbleibsel reicht und nicht allein durch sein Verschwinden (siehe z.B. Kruppgelände E-Altendorf) begriffen werden kann, sollte hier berücksichtigt sein.
Es sollte dabei keine Begrenzungen, keine Denkschranken außer den in den Gebäuden ruhenden Notwendikeiten geben. Und diese sollten mit den jeweiligen Nutzungen abgeglichen und mit möglichst geringen, bzw. konstruktiven Veränderungen umgesetzt werden.

Perspektiven dazu sind im Zusammenspiel mit den schon etablierten Strukturen möglichst schnell und umfassend zu erforschen. Es kann dabei nicht nur darum gehen, die Potentiale in der Region so fit zu machen, daß sie auch international bestehen könnten ~ Es muss darum gehen, die Entwicklungspotentiale so beispielhaft und an den Bedingungen orientiert zu gestalten, daß international der Wunsch/die Notwendigkeit entsteht, hierher zu kommen.

Z.B. Können gerade öffentliche Einrichtungen und Institutionen (Theater/Bibliotheken/Verwaltung/...) diese Vorreiterposition übernehmen. In den Bezirken der Städte beginnend, sollte nach Möglichkeiten gefahndet werden, diesen Anspruch umzusetzen und die Gebäude so in den Focus der Bevölkerung zu bringen und in das urbane Leben zu integrieren, daß eine Belebung der Areale und Gebäude möglich wird. Die Finanzierung solcher Orte ist nicht unmöglich und vielleicht noch nicht einmal schwierig. Wenn der politische Wille besteht und der Nutzen für die Bevölkerung sichtbar vermittelt werden kann, werden sich auch Modelle für Sarnierung und Bewirtschaftung eröffnen. Die Prämissen sollten dafür von der kommunalen Politik, in Zusammenarbeit mit den ortsnahen BürgerInnen geschaffen werden.

~ Öffentlicher Raum zur öffentlichen Nutzung ~
~ Gemeinwohl orientierte Angebote ~

Kleine Liste möglicher Themenbereiche: Arbeit/ Versorgung/ Konsum/ Verkehr/ Leben/ Freizeit/ Verwaltung/ Energie/ Verteilung/ Kultur/ Sport/ Bildung/ ...

Kleine Liste möglicher Nutzung: Laboratorien/ Gärten/ Samenbanken/ Erdherstellung/ Wohnungen/ Begrünung/ Kleingewerbe/ Brunnen/ Lese- Schreib -Erlebnis- Bildungssäle und -stuben/ ...

(benötigt eine App für RSS Feeds, z.B. Follower, Feedly, Reeder …)